Sonntag, 5. Oktober 2014

Die erste Schulwoche und deutsches Feeling unter Palmen

Mein Start in den Schulalltag war wie erwartet etwas chaotisch. Am ersten Schultag war ich pünktlich um viertel vor 7 an der Schule, um dann erst mal eine Stunde planlos im Lehrerzimmer zu sitzen. Schließlich kam aber Sylvia, die Sekretärin – eine sehr nette und herzliche Frau – und hat mich einem Englischlehrer zugeteilt. Mit Monsieur Gbadoe übernehme ich jetzt vier Klassen. Wir unterrichten in drei sixièmes und in einer troisième. Wir unterrichten immer vier Stunden am Tag, jede Klasse einmal. An meiner Schule arbeitet jeder Lehrer vier Tage und hat einen freien Tag, meiner ist glücklicherweise der Freitag. Das passt perfekt zu meinen Wochenend-Trip-Reiseplänen.
Die jüngsten Schüler der sixième sind schätzungsweise zehn Jahre alt und gehen das erste Jahr aufs Collegé. Ihre Klassenkameraden sind teilweise schon 18 Jahre alt. Dieser große Altersunterschied innerhalb einer Klassenstufe kommt zum einen da her, dass viele der Älteren Wiederholer sind. Wenn man eine Klasse nicht packt, macht man sie eben noch mal, und zur Not auch fünfmal hintereinander. Außerdem haben einige Schüler nicht durchgängig zur Schule gehen können, weil sie ihre Eltern unterstützen mussten und gearbeitet haben.
Am Montag haben wir uns den Schülern nur vorgestellt, ein paar Infos gegeben und zwischendrin im Lehrerzimmer gechillt. Am Dienstag ging’s dann richtig los mit dem Unterricht. In der sixième beginnen die Schüler erst Englisch zu lernen, weshalb diese Woche Sätze wie  „Good Morning“,  „Hello, my name is…“ und  „How are you?“ auf dem Lehrplan standen. Aber auch (für Lehrer) nützliche Sätze wie „Sit down please“ und „Stop talking“ verstehen die Schüler bereits, da Monsieur Gbadoe eigentlich fast nur Englisch mit den Schülern redet.


Der Unterricht läuft in der Regel so ab: Der Lehrer schreibt die Vokabeln oder Sätze an die Tafel, die Schüler müssen es ihm dann im Chor nachsprechen und anschließend dürfen Freiwillige es alleine vor der Klasse vortragen. Im Anschluss müssen die Schüler es noch in ihre Hefte übertagen und schon geht’s weiter mit einem neuen Satz. Das Englisch der Lehrer und Schüler hat natürlich einen stark französisch-afrikanischen Dialekt und manchmal erkenne ich nur dank der Tafelanschriebe von welchem Wort hier gerade die Rede ist. Bis jetzt saß ich meistens nur im Unterricht drin, habe fleißig in mein Schönschreibheft mitgeschrieben und beobachtet, wie der Unterricht so abläuft. Manchmal helfe ich dem Lehrer aber auch bei den Anschrieben und durfte auch schon eine kleine Aufgabe mit den Schülern korrigieren.
In jeder Klasse sind ungefähr 100 Schüler. Das klingt erst mal nach richtig viel, aber ich finde es sieht weniger aus, obwohl das Klassenzimmer gestopft voll ist. Für so viele Schüler in einem Raum ist es auch relativ ruhig, alle 100 bekommt man nicht zur gleichen Zeit still. Dadurch dass die Türen und Fenster immer offen sind, kommt oft Lärm vom Pausenhof oder den anderen Klassen herein, was auch für unruhige Stimmung sorgt. Trotzdem arbeiten die Schüler immer gut mit und verhalten sich Monsieur Gbadoe und mir gegenüber sehr respektvoll und höflich, was wahrscheinlich an seiner taffen Art liegt.


Jetzt kennen auch ca. 400 Schüler meinen Namen und ich bin jedes Mal wieder überrascht, wenn ich auf dem Schulweg mit Name begrüßt oder verabschiedet werde. Bei so vielen Schülern ist es fast unmöglich sich jedes Gesicht zu merken, weshalb ich immer wieder denke „Wer bist du und warum kennst du meinen Namen?“ – bis mir dann einfällt, dass es wohl einer meiner Schüler ist. Aber auch der Lehrer kennt die meisten Namen nicht. Wenn er jemand aufruft, zeigt er einfach auf einen Schüler und sagt „You“. Da kommt es öfters mal vor, dass gleich zwei oder drei gleichzeitig aufspringen und losplappern.

Bis jetzt macht mir die Schule richtig viel Spaß. Ich freue mich schon darauf mich mehr in den Unterricht einbringen zu können und kann mir auch gut vorstellen in absehbarer Zeit selbst zu unterrichten.


Das Lehrerzimmer.


An einer schönen und leserlichen Schrift für die Tafel muss ich noch üben...



Nach einer so ereignisreichen Woche blieb auch das Wochenende nicht langweilig. Zum Tag der deutschen Einheit lud die deutsche Botschaft in Lomé am Freitagabend zu einem Empfang. Es kamen total viele Leute und auch einige Freiwillige. So viele Deutsche auf einem Haufen und so viel Deutsch zu hören war schon etwas ungewohnt. Im schönen Garten der Botschaft saß man dann unter Palmen, hat sich unterhalten, ausgetauscht, Kontakte zu anderen Freiwilligen geknüpft und das leckere Essen vom Büffet genossen. Es gab Kartoffelsalat, Nudelsalat, Schwarzbrot, Würstchen, Fleischkäse, Sauerkraut und Rotkraut und dazu natürlich Klöße. Zum Nachtisch gab es sogar Schokokuchen. Ein richtiges Festessen nachdem so lange Zeit schon Reis mein Hauptnahrungsmittel ist. Und es gab Freibier! So kam eine richtig heimelige Stimmung in „Klein Deutschland“ auf. Später wurde dann der Film „Zug in die Freiheit“ gezeigt, der die Ereignisse in der deutschen Botschaft in Prag im Herbst 1989 beschreibt und ziemlich packend war. Zu später Stunde bin ich noch gemeinsam mit anderen Freiwilligen in eine ziemlich coole Reggae-Bar gegangen, in der wir dann noch ein bisschen gefeiert haben.




Nun bin ich schon fünf Wochen in Lomé. Es kommt mir aber schon wie mehrere Monate vor, was wahrscheinlich daran liegt, dass einfach alles anders ist und man so viele neue Sachen erlebt. Ich muss sagen, dass ich mittlerweile gut eingelebt habe. Ich hab mich an den Lärm und den Dreck gewöhnt, das Gedränge auf dem Markt und auch bein Moto (Motorrad-Taxi) fahren habe ich keine Todesangst mehr, sondern vertraue einfach darauf, dass der Fahrer mich in dem dichten Verkehr sicher ans Ziel bringt – was bis jetzt auch immer der Fall war! Mit meiner Gastfamilie komme ich gut zurecht und ein paar Freunde habe ich auch schon gefunden.


An dieser Stelle möchte ich mich auch mal bei meinen fleißigen Bloglesern bedanken. Ich hätte nie damit gerechnet so viele Seitenaufrufe zu bekommen und freue mich immer, wenn mir Leute schreiben wie spannend und toll sie meinen Blog finden. Danke!

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