Montag, 20. Oktober 2014

Blutspende, Association des Femmes & Kirchenfest

In der vergangenen Woche hatte ich ein paar sehr aufregende Erlebnisse, von denen ich euch gerne berichten möchte.

Am Donnerstagvormittag wurde vom togolesischen Gesundheitsministerium ein Blutspenden in der Schule organisiert. Dazu haben sie einfach kurzerhand das Lehrerzimmer ausgeräumt und ein paar Liegen aufgestellt. Monsieur Gbadoe, mein betreuender Lehrer, hat von Anfang an versucht mich zum Blutspenden zu überreden. Anfangs war ich mir sehr unsicher, da ich vom Blutspenden erst an diesem Tag erfahren hatte und somit keine Zeit für lange gedankliche Auseinandersetzungen hatte. Ich hab dann angefangen alle möglichen Fragen zu stellen, ob das denn alles hygienisch ist und so. Lachend versicherte M. Gbadoe mir, dass selbstverständlich auch jeder eine eigene Nadel bekommt. Die Lehrer und die Mitarbeiter vom Gesundheitsministerium fanden meine Zögern sehr amüsant und fragten mich immer wieder ob ich Angst habe und lachten. Schließlich habe ich mich dann dazu entschlossen zu Spenden. In Deutschland habe ich auch schon Blut gespendet und finde das eine gute Sache. Hinzu kommt, dass ich die Blutgruppe 0 negativ habe, also jeder mein Blut nehmen kann, was meine Spende sozusagen umso wertvoller macht. Mit Bedauern habe ich bei meiner letzten Spende in Deutschland erfahren, dass ich nach meinen Freiwilligendienst in Togo nie wieder Blutspenden darf. Wer sich länger als 6 Monate im Malaria-Hochrisikogebiet aufhält, ist lebenslänglich von der Blutspende ausgeschlossen. Man kann es möglicherweise gar als ein Wink des Schicksals sehen, dass ich hier in Togo noch mal die Gelegenheit zum Blutspenden bekommen habe.
Nun hatte ich mich also zur Spende entschlossen, musste meine Daten angeben und wurde registriert. Danach hat mir ein Arzt ein paar Fragen gestellt, ähnliche wie vor einer Blutspende in Deutschland. Die lange Liste mit möglichen Erkrankungen wie in Deutschland, bei der viele potentielle Spender ausscheiden (beispielsweise wegen einem frisch gestochenen Piercing) blieb mir aber erspart, hier scheint man nicht so pingelig zu sein. Wichtig war nur, dass ich nicht an AIDS oder Hepatitis B erkrankt bin, was ich glücklicherweise verneinen konnte.
Als ich dann auf der Liege lang und der behandelnde Arzt meinen Arm desinfiziert hat, war ich schon etwas nervös. Er hat meine Vene aber wirklich sauber getroffen und es tat auch kaum weh, sodass ich in kürzester Zeit einen Beutel mit Blut gefüllt hatte.
Anschließende gabs zur Stärkung natürlich auch ein Vesper: trockenes Baguette mit Mayo und dazu eine gekühlte Fanta. Ein Kartoffelsalat mit ner Bretzel wär mir lieber gewesen, aber die gewünschte Wirkung wurde erzielt und mein Kreislauf war wieder in Schwung. Danach haben M. Gabdoe und ich noch pflichtbewusst 2 Stunden locker Unterricht gehalten. Den Nachmittag habe ich mich ausgeruht, und hatte keine Probleme mit dem Blutverlust und auch 3 Tage später bin ich noch putzmunter.
Den ganzen restlichen Tag über hatte ich ein beschwingtes fröhliches Gefühl, denn mit einer Blutspende kann man ganz einfach Leben retten und das hat mich glücklich gemacht. Und ob das Blut dann von einen Schwarzen oder Weißen kommt, ist den bedürftigen Kranken dann wohl herzlich egal. Denn unter der Haut sind wir alle gleich, egal welche Hautfarbe wir haben oder wo wir herkommen.

 Beim abendlichen Fernsehschauen hab ich meiner Gastfamilie dann ganz stolz vom Blutspenden erzählt, doch das traf bei ihnen leider auf weniger Begeisterung, denn sie sind alle gegen das Spenden. Denn hier läuft das so mit dem gespendeten Blut: Es wird an ein bestimmtes Krankenhaus in Lomé gebracht und wenn man krank ist und Blut braucht, muss man dort hingehen und sich das Blut kaufen. Ein Beutel kostet 7500 CFA, das entspricht ca. 11,50€. Kann man die 7500 CFA nicht auftreiben, was anscheinend öfters passiert, so „lassen sie einen einfach streben“ wie mein Gastvater formuliert hat. In wie weit diese Informationen richtig sind und was in einem solchen Fall das Gesundheitssystem ausrichten kann, kann ich leider nicht beurteilen. Aber trotzdem habe ich eine Meinung dazu: Wer dieses System des Blutspendens nicht gutheißt und nicht unterstützen möchte, hat den freien Wille es nicht zu tun. Wenn jedoch niemand mehr spendet, dann bekommen nicht einmal die, die es sich leisten können Spenderblut und damit ist dann niemand geholfen.
! Was lernen wir daraus? Bye bye Klischee „In Afrika gibt es nur mangelhaft ausgestattete Buschkrankenhäuser“.  Mir wurde bewiesen, dass das Gesundheitsministerium  sich organisiert um die medizinische Versorgung der Bevölkerung kümmert und auch über hygienische, moderne Geräte verfügt.




Am Freitagnachmittag nahmen meine Gastoma und meine Gastmutter mich mit auf eine Veranstaltung. Sie meinten das ist eine Association und ich konnte mir im Vorfeld überhaupt nichts wirkliches darunter vorstellen. Als wir ankamen war da ein großer Platz der ringsum bestuhlt war und auch schon einige Stühle von Frauen besetzt waren. Wir waren noch nicht lange da, als ich Trommeln, Rasseln und Gesang hörte und plötzlich eine große Gruppe von Frauen singend und tanzend auf dem Platz einzog. Als sie dann angekommen waren, haben sie sich aber nicht hingesetzt sondern noch mehrere Minuten weiter getanzt und gesungen und waren total von Feuereifer gepackt. Ich war total gefesselt von der guten Laune, die sie verbreitet haben und hab ihnen einfach nur mit einem Lächeln im Gesicht zugesehen und war heilfroh meine Kamera dabei zu haben, um die Eindrücke festhalten zu können. Ein wenig später zog eine weitere Gruppe Frauen ein, die sogar ihre eigene Trommelgruppe dabei hatte und auch noch mal für kräftig Stimmung sorgte. Die unterschiedlichen Gruppen waren verschiedene Associations, also Zusammenschlüsse, die sich an diesem Tag versammelten.

Im Nachhinein wurde mir dann von einigen netten Frauen erklärt, das das eine Versammlung der Frauen aus dem Stadtteil Tokoin (in dem ich wohne) und einem benachbarten Stadtteil ist. Anlass dieser Versammlung war ein Beschluss vom Entwicklungsministerium, mehr Gelder in die Entwicklung von Frauen zu stecken und ihnen beispielsweise Mikrokredite zu geben und ihre Rechte zu stärken. Auf dieser Versammlung wurden verschiedene Reden gehalten, Diskussionen geführt und über die Verwendung des für diesen Bezirk abgestellten Geldes beratschlagt. Sogar die togolesische Entwicklungsministerin war anwesend und hielt eine Rede. Leider wurde die komplette Versammlung auf Ewe gehalten, der Sprache der in dieser Region angesiedelten Ethnie, sodass ich eigentlich kein Wort verstand. Zum Glück haben eine paar nette Frauen mir am Ende noch einige Fragen auf Französisch beantwortet. Zum Abschluss wurde auch noch mal Musik gemacht und gesungen. Eine Frau bemerkte, dass ich am Rand stand und im Takt mit wippte und zog mich kurzerhand mitten in den Pulk der tanzenden Frauen. Da ich die einzige anwesende Weiße war zog ich natürlich gleich die Aufmerksamkeit der halben Gruppe auf mich und sofort fingen ein paar Frauen an, um mich herum zu tanzen. Sie haben mir die ganze Zeit zugelacht und sich total gefreut dass ich mit ihnen tanze. Mir persönlich war das aber eher unangenehm so im Mittelpunkt zu stehen, vor allem weil die Frauen sich alle viel besser zur Musik bewegen und mit dem Arsch wackeln können wie ich.
Trotzdem fand ich den Nachmittag total schön, weil ich einen richtigen Einblick in die Kultur und Lebensfreude der Frauen von Lomé bekommen habe.



Die togolesische Entwicklungsministerin Madame Victoire Tomégah-Dogbé.


Einige Frauen hatten auch ihre Kinder dabei, wie diesen süßen Knopf hier.



Am Sonntagmorgen bin ich tatsächlich bei Sonnenaufgang aufgestanden und um kurz nach 7 mit meiner Gastoma zur Kirche gelaufen. Es war nämlich ein ganz besonderer Feiertag: Commencer de l’anee pastorale, der Beginn der Kirchenjahres 2014-15. Um 8 Uhr begann dann der Gottesdienst mit dem Einzug der Pfarrer, Ministranten, einem Musikzug und vielen Vertretern kirchlicher Associations, die alle Plakate mit den Namen ihrer Gruppen trugen. Die Kirche war besetzt bis auf den letzten Platz und alle haben sich ziemlich schick gemacht. Ich konnte die verschiedensten Farben, Muster und Schnitte bestaunen und viele hatten auch Kleider aus Stoffen die mit Heiligenbilder oder biblischen Motiven bedruckt waren. Die Mitglieder der verschiedenen Gruppen hatten alle jeweils Kleider aus dem gleichen Stoff an, sodass man leicht erkennen konnte, wer zu welcher Gruppe gehört. Der Gottesdienst bestand aus mehreren langen Predigten, Gebeten und einigen Liedern. Er wird hauptsächlich auf Französisch abgehalten, aber einzelne Passagen sind auch auf Latein oder Ewe. Beim Singen sind die Menschen meistens voll dabei, stehen auf und tanzen, klatschen, singen aus voller Kehle mit und verbreiten gute Laune. Jeder Gottesdienst wird auch von einem Chor begleitet. Die Kirche gehört der katholischen Gemeinde an und das viele Stehen und lange Knien ist für mich eher befremdlich, da ich das vom evangelischen Gottesdienst nicht gewohnt bin, aber langsam gewöhne ich mich dran. Um 11 Uhr war der Gottesdienst dann zu Ende und auf dem Platz vor der Kirche wurde ein großes Fest gefeiert. Die Leute sammelten sich in ihren Associations. Der Musikzug spielte noch einmal und einige Gruppen begannen zu trommeln und getanzt wurde natürlich auch wieder. Nach einer Stunde zwischen Pauken, Trompeten und Bongos hab ich mich dann ein bisschen taub gefühlt. Aber das wurde schnell entschädigt, denn einige Frauen aus der Association meiner Gastoma packten plötzlich alle Töpfe aus mit den verschiedensten Speisen, die sie großzügig verteilten. Dazu wurde kräftig geschnäpselt und ihr Lieblingsgetränk getrunken; Rotwein mit Eiswürfeln.
Ich fand es sehr schön an diesem Fest teilnehmen zu dürfen, den ein Großteil der katholischen Gemeinde war versammelt und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Kirche und Glaube sind hier ein ganz zentraler Bestandteil des Lebens und werden viel offener ausgelebt wie in Deutschland.

Der Blogeintrag ist leider ein bisschen länger geworden, weil ich meinen Gedanken einfach mal freien Lauf gelassen hab und ich hoffe euch ist die Lust beim Lesen nicht vergangen.
Ich wünsche euch weiterhin schöne Herbsttage und schicke sonnige Grüße!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen