In der vergangenen Woche hatte ich ein paar sehr
aufregende Erlebnisse, von denen ich euch gerne berichten möchte.
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Am Donnerstagvormittag wurde vom togolesischen
Gesundheitsministerium ein
Blutspenden in der Schule organisiert. Dazu haben
sie einfach kurzerhand das Lehrerzimmer ausgeräumt und ein paar Liegen
aufgestellt. Monsieur Gbadoe, mein betreuender Lehrer, hat von Anfang an
versucht mich zum Blutspenden zu überreden. Anfangs war ich mir sehr unsicher,
da ich vom Blutspenden erst an diesem Tag erfahren hatte und somit keine Zeit
für lange gedankliche Auseinandersetzungen hatte. Ich hab dann angefangen alle
möglichen Fragen zu stellen, ob das denn alles hygienisch ist und so. Lachend
versicherte M. Gbadoe mir, dass selbstverständlich auch jeder eine eigene Nadel
bekommt. Die Lehrer und die Mitarbeiter vom Gesundheitsministerium fanden meine
Zögern sehr amüsant und fragten mich immer wieder ob ich Angst habe und
lachten. Schließlich habe ich mich dann dazu entschlossen zu Spenden. In
Deutschland habe ich auch schon Blut gespendet und finde das eine gute Sache.
Hinzu kommt, dass ich die Blutgruppe 0 negativ habe, also jeder mein Blut
nehmen kann, was meine Spende sozusagen umso wertvoller macht. Mit Bedauern
habe ich bei meiner letzten Spende in Deutschland erfahren, dass ich nach
meinen Freiwilligendienst in Togo nie wieder Blutspenden darf. Wer sich länger
als 6 Monate im Malaria-Hochrisikogebiet aufhält, ist lebenslänglich von der
Blutspende ausgeschlossen. Man kann es möglicherweise gar als ein Wink des Schicksals sehen, dass ich hier in Togo noch mal die Gelegenheit zum
Blutspenden bekommen habe.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgx_h2MLGFBUhEik7s-WDbVE1bcAYFX2e-R5BaHpyzybopXsFJERhmcqIuFY7csbAHuXGtAZ18ghYcEqwmYdGepzNal7W61G_uau9wrUZSFGL5-RHb1f8gddu1LNX9Pm2O3Y7n4-LAOCMM/s1600/Handybilder+(3)b.jpg)
Nun hatte ich mich also zur Spende entschlossen, musste
meine Daten angeben und wurde registriert. Danach hat mir ein Arzt ein paar Fragen
gestellt, ähnliche wie vor einer Blutspende in Deutschland. Die lange Liste mit
möglichen Erkrankungen wie in Deutschland, bei der viele potentielle Spender
ausscheiden (beispielsweise wegen einem frisch gestochenen Piercing) blieb mir
aber erspart, hier scheint man nicht so pingelig zu sein. Wichtig war nur, dass
ich nicht an AIDS oder Hepatitis B erkrankt bin, was ich glücklicherweise
verneinen konnte.
Als ich dann auf der Liege lang und der behandelnde Arzt
meinen Arm desinfiziert hat, war ich schon etwas nervös. Er hat meine Vene aber
wirklich sauber getroffen und es tat auch kaum weh, sodass ich in kürzester
Zeit einen Beutel mit Blut gefüllt hatte.
Anschließende gabs zur Stärkung natürlich auch ein
Vesper: trockenes Baguette mit Mayo und dazu eine gekühlte Fanta. Ein
Kartoffelsalat mit ner Bretzel wär mir lieber gewesen, aber die gewünschte
Wirkung wurde erzielt und mein Kreislauf war wieder in Schwung. Danach haben M.
Gabdoe und ich noch pflichtbewusst 2 Stunden locker Unterricht gehalten. Den Nachmittag
habe ich mich ausgeruht, und hatte keine Probleme mit dem Blutverlust und auch
3 Tage später bin ich noch putzmunter.
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Den ganzen restlichen Tag über hatte ich ein beschwingtes
fröhliches Gefühl, denn mit einer Blutspende kann man ganz einfach Leben retten
und das hat mich glücklich gemacht. Und ob das Blut dann von einen Schwarzen
oder Weißen kommt, ist den bedürftigen Kranken dann wohl herzlich egal. Denn
unter der Haut sind wir alle gleich, egal welche Hautfarbe wir haben oder wo
wir herkommen.
Beim abendlichen Fernsehschauen hab ich meiner
Gastfamilie dann ganz stolz vom Blutspenden erzählt, doch das traf bei ihnen
leider auf weniger Begeisterung, denn sie sind alle gegen das Spenden. Denn
hier läuft das so mit dem gespendeten Blut: Es wird an ein bestimmtes
Krankenhaus in Lomé gebracht und wenn man krank ist und Blut braucht, muss man
dort hingehen und sich das Blut kaufen. Ein Beutel kostet 7500 CFA, das
entspricht ca. 11,50€. Kann man die 7500 CFA nicht auftreiben, was anscheinend
öfters passiert, so „lassen sie einen einfach streben“ wie mein Gastvater
formuliert hat. In wie weit diese Informationen richtig sind und was in einem
solchen Fall das Gesundheitssystem ausrichten kann, kann ich leider nicht
beurteilen. Aber trotzdem habe ich eine Meinung dazu: Wer dieses System des
Blutspendens nicht gutheißt und nicht unterstützen möchte, hat den freien Wille
es nicht zu tun. Wenn jedoch niemand mehr spendet, dann bekommen nicht einmal
die, die es sich leisten können Spenderblut und damit ist dann niemand
geholfen.
! Was lernen wir daraus? Bye bye Klischee „In Afrika gibt es
nur mangelhaft ausgestattete Buschkrankenhäuser“. Mir wurde bewiesen, dass das
Gesundheitsministerium sich organisiert
um die medizinische Versorgung der Bevölkerung kümmert und auch über
hygienische, moderne Geräte verfügt.
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![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh6VA7Fj7CbwUW5Ty-UFMqzdqQxk5GfyMKKkIltwIflPkaDTCj6h71iTiFknPotQJ1sAv7q1n6kNOiWBQcq-KQyoEwKkLqrQnqozszo4CkW43wHF7dPcBBz_1n7JiNJV3vhiFQhAp60j2Y/s1600/Association+(20)b.jpg)
Am Freitagnachmittag nahmen meine Gastoma und meine
Gastmutter mich mit auf eine Veranstaltung. Sie meinten das ist eine
Association und ich konnte mir im Vorfeld
überhaupt nichts wirkliches darunter vorstellen. Als wir ankamen war da ein
großer Platz der ringsum bestuhlt war und auch schon einige Stühle von Frauen
besetzt waren. Wir waren noch nicht lange da, als ich Trommeln, Rasseln und
Gesang hörte und plötzlich eine große Gruppe von Frauen singend und tanzend auf
dem Platz einzog. Als sie dann angekommen waren, haben sie sich aber nicht
hingesetzt sondern noch mehrere Minuten weiter getanzt und gesungen und waren
total von Feuereifer gepackt. Ich war total gefesselt von der guten Laune, die
sie verbreitet haben und hab ihnen einfach nur mit einem Lächeln im Gesicht
zugesehen und war heilfroh meine Kamera dabei zu haben, um die Eindrücke
festhalten zu können. Ein wenig später zog eine weitere Gruppe Frauen ein, die
sogar ihre eigene Trommelgruppe dabei hatte und auch noch mal für kräftig
Stimmung sorgte. Die unterschiedlichen Gruppen waren verschiedene
Associations, also Zusammenschlüsse, die
sich an diesem Tag versammelten.
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Im Nachhinein wurde mir dann von einigen netten Frauen
erklärt, das das eine Versammlung der Frauen aus dem Stadtteil Tokoin (in dem
ich wohne) und einem benachbarten Stadtteil ist. Anlass dieser Versammlung war
ein Beschluss vom Entwicklungsministerium, mehr Gelder in die Entwicklung von Frauen
zu stecken und ihnen beispielsweise Mikrokredite zu geben und ihre Rechte zu
stärken. Auf dieser Versammlung wurden verschiedene Reden gehalten,
Diskussionen geführt und über die Verwendung des für diesen Bezirk abgestellten
Geldes beratschlagt. Sogar die togolesische Entwicklungsministerin war anwesend
und hielt eine Rede. Leider wurde die komplette Versammlung auf Ewe gehalten,
der Sprache der in dieser Region angesiedelten Ethnie, sodass ich eigentlich
kein Wort verstand. Zum Glück haben eine paar nette Frauen mir am Ende noch
einige Fragen auf Französisch beantwortet. Zum Abschluss wurde auch noch mal
Musik gemacht und gesungen. Eine Frau bemerkte, dass ich am Rand stand und im
Takt mit wippte und zog mich kurzerhand mitten in den Pulk der tanzenden
Frauen. Da ich die einzige anwesende Weiße war zog ich natürlich gleich die
Aufmerksamkeit der halben Gruppe auf mich und sofort fingen ein paar Frauen an,
um mich herum zu tanzen. Sie haben mir die ganze Zeit zugelacht und sich total
gefreut dass ich mit ihnen tanze. Mir persönlich war das aber eher unangenehm
so im Mittelpunkt zu stehen, vor allem weil die Frauen sich alle viel besser
zur Musik bewegen und mit dem Arsch wackeln können wie ich.
Trotzdem fand ich den Nachmittag total schön, weil ich
einen richtigen Einblick in die Kultur und Lebensfreude der Frauen von Lomé
bekommen habe.
Die togolesische Entwicklungsministerin Madame Victoire Tomégah-Dogbé.
Einige Frauen hatten auch ihre Kinder dabei, wie diesen süßen Knopf hier.
Am Sonntagmorgen bin ich tatsächlich bei Sonnenaufgang
aufgestanden und um kurz nach 7 mit meiner Gastoma zur Kirche gelaufen. Es war
nämlich ein ganz besonderer Feiertag: Commencer
de l’anee pastorale, der Beginn der Kirchenjahres 2014-15. Um 8 Uhr begann
dann der Gottesdienst mit dem Einzug der Pfarrer, Ministranten, einem Musikzug
und vielen Vertretern kirchlicher Associations,
die alle Plakate mit den Namen ihrer Gruppen trugen. Die Kirche war besetzt bis
auf den letzten Platz und alle haben sich ziemlich schick gemacht. Ich konnte
die verschiedensten Farben, Muster und Schnitte bestaunen und viele hatten auch
Kleider aus Stoffen die mit Heiligenbilder oder biblischen Motiven bedruckt
waren. Die Mitglieder der verschiedenen Gruppen hatten alle jeweils Kleider aus
dem gleichen Stoff an, sodass man leicht erkennen konnte, wer zu welcher Gruppe
gehört. Der Gottesdienst bestand aus mehreren langen Predigten, Gebeten und
einigen Liedern. Er wird hauptsächlich auf Französisch abgehalten, aber
einzelne Passagen sind auch auf Latein oder Ewe. Beim Singen sind die Menschen
meistens voll dabei, stehen auf und tanzen, klatschen, singen aus voller Kehle
mit und verbreiten gute Laune. Jeder Gottesdienst wird auch von einem Chor
begleitet. Die Kirche gehört der katholischen Gemeinde an und das viele Stehen
und lange Knien ist für mich eher befremdlich, da ich das vom evangelischen
Gottesdienst nicht gewohnt bin, aber langsam gewöhne ich mich dran. Um 11 Uhr
war der Gottesdienst dann zu Ende und auf dem Platz vor der Kirche wurde ein
großes Fest gefeiert. Die Leute sammelten sich in ihren Associations. Der Musikzug spielte noch einmal und einige Gruppen
begannen zu trommeln und getanzt wurde natürlich auch wieder. Nach einer Stunde
zwischen Pauken, Trompeten und Bongos hab ich mich dann ein bisschen taub
gefühlt. Aber das wurde schnell entschädigt, denn einige Frauen aus der Association meiner Gastoma packten
plötzlich alle Töpfe aus mit den verschiedensten Speisen, die sie großzügig
verteilten. Dazu wurde kräftig geschnäpselt und ihr Lieblingsgetränk getrunken;
Rotwein mit Eiswürfeln.
Ich fand es sehr schön an diesem Fest teilnehmen zu
dürfen, den ein Großteil der katholischen Gemeinde war versammelt und es
herrschte eine ausgelassene Stimmung. Kirche und Glaube sind hier ein ganz
zentraler Bestandteil des Lebens und werden viel offener ausgelebt wie in
Deutschland.
Der Blogeintrag ist leider ein bisschen länger geworden, weil ich meinen Gedanken einfach mal freien Lauf gelassen hab und ich hoffe euch ist die Lust beim Lesen nicht vergangen.
Ich wünsche euch weiterhin schöne Herbsttage und schicke sonnige Grüße!
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