Montag, 22. Juni 2015

Fin de l'annee scolair

Hallo ihr Lieben!
Meine Klasse sagt "Bonjour"

Lange gabs hier nichts mehr Neues - tut mir Leid! Um das zu ändern habe ich mir das Ende des Schuljahres als Anlass genommen noch mal von meiner Arbeit und einigen Erlebnissen der letzten Monate zu berichten. Viel Spaß beim Lesen!

Im März begann ich mit meiner angekündigten Nachhilfe-AG, dem Club d'Anglais. Das war ein freiwilliges und kostenloses Angebot an meine Klasse, um ihr Englisch außerhalb des Unterrichts zu verbessern und die Freunde und das Interesse an einer neuen Sprache zu fördern. Und so kamen jeden Montagnachmittag ein fester Kern von 30 bis 40 Schülern in unserem Klassenzimmer eingetrudelt. Eine schöne kleine Gruppe, mit der man gut arbeiten konnte! Wir wiederholten den Unterrichtsstoff, machten viele Übungsaufgaben, übten das Lesen, spielten Lernspiele und natürlich kam das Singen und Tanzen auch nicht zu kurz. Ihr Favorit war "If you happy and you know it, clap your hands". Das Lied wurde aber nicht monoton wie im deutschen Musikunterricht performt, sondern meine Schüler überlegten sich sofort einen Klatschrhythmus und ein paar Bewegungen als Begleitung. 
Für mich war der Club deutlich entspannter als die normalen Unterrichtsstunden und somit auch deutlich spaßiger. Als Lehrerin war es besonders schön zu sehen, dass Schüler, die im normalen Unterricht zu schüchtern sind, im Club gut mitgearbeitet haben und sich nach einiger Zeit sogar getraut haben, im Unterricht zu melden. Quasi die ultimative Bestätigung für meine Arbeit. Ich konnte schon feststellen, dass sich das Vokabular gefestigt, die Aussprache verbessert und das Verständnis für die Grammatik vertieft hatte. Nach zwei Tests im Unterricht, die ich beide selbst konzipiert hatte und auch verhältnismäßig gut ausgefallen sind, setzte ich also große Hoffnungen auf die schulinternen Prüfungen zum Ende des dritten Trimesters Anfang Juni - und wurde leider enttäuscht. Viele Schüler hatten die Aufgabenstellungen nicht verstanden, Gelerntes scheinbar vergessen oder schlicht unkonzentriert gearbeitet. Einen Teil der Verantwortung für die Noten trage auch ich als Englischlehrerin. 
Und das führt mich zu meinen nächsten Punkt: Ich bin eben nun mal keine ausgebildete Lehrerin, sonder nur eine deutsche Abiturientin, deren Englischprüfung das Prädikat "befriedigend" trägt. Ich hatte viel Zeit mich an die Schule und das Unterrichten zu gewöhnen, bis ich eine eigene Klasse bekam, aber trotzdem kann man von mir nicht die gleichen Leistungen wie von einem togolesischen Lehrer erwarten - wie auch? Er hat das ja schließlich studiert und viele Jahre dafür gelernt, ich stelle mich einfach vor die Klasse und schüttel mir was aus dem Ärmel. Denkt jetzt bitte nicht, dass ich Ärger bekommen habe oder so, die einzige, die sich an dieser Situation stört, bin ich! Die Schulleitung, das Kollegium und auch meine Schüler haben mich immer als vollwertige Lehrerin angesehen und mich nie in Frage gestellt, wofür ich allen sehr dankbar bin! Trotzdem finde ich es meine Schülern gegenüber unfair, trotz schlechterer Ausbildung die gleichen Anforderungen an sie zu stellen, wie an ihre Parallelklassen, die von richtigen Lehrern unterrichten werden. Deshalb habe ich wohl auch das eine oder andere mal die Noten vor der Abgabe noch ein bisschen frisiert. An dieser Stelle möchte ich nur drauf hinweisen, dass man Freiwilligendieste auch mal kritisch betrachten muss! Der engagierte Weiße, der für ein Jahr freundlicherweise an einer Schule oder anderen Institution mitarbeitet, ist nicht immer eine riiiesen Unterstützung und innovationsbringend, sondern hält manchmal sogar eher auf. Das Thema hat mich in den letzten Wochen sehr beschäftigt, noch bin ich aber nicht klar genug, um genauer darüber zu debattieren, freue mich aber schon auf Diskussionen in Deutschland!

Nichtsdestotrotz habe ich meine Arbeit geliebt und bin jeden Tag gerne in die Schule gegangen. Die Schüler haben es mir nicht immer leicht gemacht, sie zu mögen, haben es aber trotzdem geschafft! Wir haben zusammen gelernt und gelacht, manchmal war ich stolz, manchmal war ich sauer und manchmal habe ich auch den Unterricht abgebrochen, weil die Stimmung viel zu aufgeladen war, um konzentriert zu arbeiten. An den meisten Tagen konnte ich aber meine Unterrichtsvorbereitung durchziehen und die Klasse mit neuen Dialogen, Vokabeln und Grammatik begeistern. 
Die Arbeit hat mir sogar so viel Spaß bereitet, dass ich mich in Deutschland für ein Lehramtsstudium einschreiben möchte. Denn so oft dachte ich: Wie cool wäre es jetzt, es ihnen auf ihrer Muttersprache erklären zu können? Wie gut wäre es, dafür jetzt einen Overheadprojektor zu verwenden? Wie toll wäre es, alle Namen zu wissen und mündliche Noten machen zu können? Wie viel besser wäre es, nur halb so viele Schüler vor sich zu haben? ...

Der Versuch, ein Klassenfoto zu machen, auf dem ich mit drauf bin!
Gedrängel wie beim Einsteigen in einen deutschen Schulbus, jeder will neben der Lehrerin stehen.
Wer findet mich?

An meinem letzten Unterrichtstag habe ich meine Kamera mitgenommen und viele Fotos gemacht. Wie in jeder Klasse, findet man auch in meiner Klasse die typischen Charaktere einer Schulklasse:

Die Best Frieds weiblich

Die Best Friends männlich

Die Zicken
- trotzdem alle unter den besten 15 Schülern in Englisch.
Ihr Klassenkameraden haben es ihnen übrigens nicht gegönnt ein Foto nur zu fünft zu machen J

Die kleinen Jungs
- versuchen mit dem Niedlichkeitsbonus durchzukommen, haben es aber faustdick hinter den Ohren

Die Streber
- die drei Besten der Klasse von links nach rechts, auch "les majeurs" genannt

Die Poser
- Wie findet ihr eure Englischlehrerin? - Spitzeee!


An dieser Stelle möchte ich auch ein großes Dankeschön an meine Tante Martina und den Kinderhort Brackenheim aussprechen!! Bei einem Flohmarkt wurde bestimmt, dass die Einnahmen aus dem Kuchenverkauf und den Tischgebühren für einen guten Zweck gespendet werden sollen. Dank meiner Tante kam der Erlös dann meinem Projekt zugute. Von einem Teil haben wir neue Englischbücher für die Klassenstufen  4ème  und 3ème gekauft. Das restliche Geld wurde dafür verwendet, kaputte Schulmöbel reparieren zu lassen. Der Schulleiter und das Lehrerkollegium haben sich sehr gefreut, dass jemand im weit entfernten Deutschland an ihre Schule denkt und ich habe mich auch gefreut, mein Projekt dadurch auch finanziell unterstützen zu können.
Vor einigen Wochen habe ich auch meinen zweiten runden Geburtstag gefeiert. An diesem Tag habe ich für meine Gastfamilie Linsen und Spätzle gekocht, was ihnen sehr geschmeckt hat und mir nach 9 Monaten Entzug von schwäbischem Essen natürlich auch. Nachmittags hatte ich Besuch von Freunden und abends waren wir gemeinsam in meinem Lieblingsrestaurant essen. Der Tag war anders wie alle vorherigen Geburtstage, aber trotzdem sehr schön. Da man nur einmal im Leben in Togo 20 wird habe ich gemeinsam mit Hannah, einer anderen Freiwilligen und inzwischen sehr guten Freundin, beschlossen eine große Party mit allen unseren Freunden aus Togo zu feiern. Der Abend war ein voller Erfolg!
Am Pfingstmontag fuhr ich zusammen mit meiner Gastoma, meinem Gestbruder und drei Reisebusse voller Frauen aus der Kirchengemeinde nach Tsevié, einer kleinen Stadt ca 1h nördlich von Lomé. Dort besuchten wir den Gottesdienst und veranstalteten anschließen ein großes Picknick mit Unmengen an Essen und Trinken, Vorführungen, Fußballturnier und viel Singen und Tanzen. Der Tag war so schön und energiegeladen, dass ich es gar nicht richtig in Worte fassen kann.


Dieses Foto ist vom Mont Kloto, dem zweithöchsten Berg Togos geschossen. Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man den Mont Agou, den höchsten Berg Togos. In der Talsenke erkennt man die Stadt Kpalimé, welche neben Lomé schon ein zweites Zuhause geworden ist. Entstanden ist das Foto nach einer Geburtstagsparty auf dem Mont Kloto, als wir uns morgens um halb 6 aus den Decken geschält hatten, um den Sonnenaufgang zu sehen. Er war richtig schön und die Landschaft verzaubert mich auch jedes mal aufs Neue.

Das wars jetzt erst mal von mir, morgen werde ich zu einer 4wöchigen Reise durch Togos Nachbarländer Burkina Faso und Benin aufbrechen, danach habe ich noch ca 2 Wochen in Lomé und dann heißt es auch schon Abschied nehmen! Ich will noch gar nicht daran denken und kann mir momentan nicht vorstellen, mein geliebtes Togo in nur 6 Wochen zu verlassen!
Von meiner Reise werde ich wie immer natürlich auch berichten, denn sie fing schon mal gut an. Heute Morgen bin ich an die Station gefahren um mir schon mal ein Ticket zu kaufen. Der Bus dieser Station kommt aber um 22h in Burkinas Hauptstadt an und ich erklärte dem Angestellten dass ich lieber im Hellen ankommen würde und dieser marschierte einfach mit mir los zu einem anderen Busunternehmen, seiner Konkurrenz (!!), dessen Busse Mittags ankommen und half mir sogar noch das Ticket zu kaufen. Diese Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Leute hier finde ich immer wieder beeindruckend, vor allem mit welcher Selbstverständlichkeit sie an den Tag gelegt wird!

Ganz liebe Grüße und bis bald,
eure Verena




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