Dienstag, 28. Oktober 2014

Voyage, voyage

 Am Wochenende habe ich meine erste kleine Reise unternommen und Franzi und Hannah, ebenfalls Freiwillige, in dem kleinen Dorf Djekotoe besucht.

Von Lomé bin ich mit einem Trotro bis nach Vogan gefahren, einer mittelgroßen Stadt in der Region Maritime. Trotros sind Kleinbusse, die zwischen verschiedenen Städten hin und her pendeln und deren Maximalpersonenzahl gerne mal übersehen wird. So saßen 24 Personen und ein paar Hühner eingequetscht im Bustaxi. Trotro sind hier ein beliebtes Fortbewegungsmittel, denn sie fahren fast überall hin und sind günstig. Die Fahrt von 1 1/2 Stunden hat mich ca 2€ gekostet.
In Vogan angekommen habe ich erst mal 10 Motofahrer und 5 Verkäufer vertreiben müssen, einen Heiratsantrag ausschlagen müssen und dann haben mich auch schon Franzi, Hannah und ihr Mentor Sam abgeholt. Gemeinsam sind wir dann auf den Markt von Vogan. Dieser findet jeden Freitagnachmittag statt und bietet alles, was man sich so vorstellen kann. Aber seht selbst:


Der Ziegenmarkt. Hier hats gerochen wie im Streichelzoo.


Auf dem Markt wird allerhand frisches Gemüse und auch Obst verkauft.













Sogar eine kleine Fetischabteilung hat der Markt zu bieten. Hier gibt es Tierschädel, getrocknete Tierhaut, Felle, Geweihe und geschnitzte Figuren zu kaufen. Diese Gegenstände werden alle im Voodoo-Kult verwendet.


Fisch gibt es auch in allen möglichen Formen zu kaufen. Hier sieht man getrockneten, vorportionierten Fisch, bereit zum Kauf. Ihr könnt euch nicht vorstellen was für ein Geruch bei 30°Grad über der Fischabteilung liegt.




Außerdem kann man Stoffe, Schmuck, Souvenirs, Lebensmittel, Elektorgeräte, Kleidung, Haushaltsartikel, Musikinstrumente, Bastmatten, geschlachtete Schweine (...) auf dem Markt erwerben. 

Nach unserm Marktbesuch haben wir uns einem leckeren Essen und gekühlten Getränken in einer Bar gestärkt und sind dann mit dem Moto durch die Pampa ca 20 Minuten ins Dorf Djekotoe gefahren. Die Mädels wohnen hier in einem kleinen Haus ohne Storm und fließend Wasser. Das muss aber nicht unbedingt zum Problem werden, wie ich selber an diesem Wochenende festgestellt habe. Es gibt ja Taschenlampen und Wasser kann man am örtlichen Brunnen pumpen.
Nach einem gemütlichen Abend auf der Terrasse und Zähne putzen unter einem wunderschönen Sternenhimmel sind wir sind wir nicht so spät ins Bett, bzw auf die Bastmatten. Die Rückenschmerzen der Nacht wurden am Morgen mit einem leckeren Brunch entschädigt. Es gab Rührei mit Zwiebeln, Brot, Tee, Ananas, Bananden, Guave, Buie und Pat mit Piment, beides togolesische Spezialitäten. Frisch gestärkt machten wir uns zu einer Tour durchs Dorf auf.



Die dorfeigene Schnapsbrennerei. Der Mann links schüttet Palmwein in das Fass, wo der Wein stark erhitzt wird. Das Kondenzwasser wird in einen Schlauch geleitet, welcher durch das Becken führt und dort runtergekühlt wird. Der fertige Schnaps wird dann in der grünen Glasflasche am Ende gesammelt. Die Männer dort haben uns gleich zu einer Schnapsprobe eingeladen, bei der wir feststellen mussten dass der Schnaps bestimmt 85% hat und einfach nur im Mund brennt. Aber Bakterien tötet der allemal ab!




Auf dem Weg zum Brunnen, der vor dem Dorf liegt.



Kinder am Dorfbrunnen.
Der Brunnen wurde erst vor 5 Jahren neu gebaut und liefert so sauberes Wasser, das die Dorfbewohner es trinken können. Der deutsche Magen ist dann doch etwas empfindlicher und verträgt nur abgepacktes Wasser.








So wachsen Ananasse...


... und so Papyas, die sich hier zu meiner absoluten Lieblingsfrucht etabliert haben.
Allgemein sind die Früchte hier tausend mal leckerer, saftiger und süßer als das halbreife Obst aus dem heimischen Supermarkt.









Im Dorf wird der Voodoo-Kult gelebt und man findet einige Figuren, Altare und Voodoobäume, wie diesen hier.




Auf dem Dorfplatz fand ein Fest anlässlich einer Beerdigung statt. Acht Wochen nach einer Beerdigung versammelt sich das Dorf noch einmal zum gemeinsamen tanzen und musizieren.




Kleiner Nachmittagssnack:
Frische Kokosnuss
Bei frischen Kokosnüssen ist das weiße Fruchtfleisch noch ganz weich und glibbrig und kann ausgelöffelt werden. Erst wenn die Kokosnuss alt und getrocknet ist, wird das Fruchtfleisch hart, so wie wir Kokosnüsse in Deutschland kennen.


Wasser auf dem Kopf tragen.
Ich bekam nur den Kindereimer mit gerade mal 10 Litern, die Frauen im Dorf tragen gerne mal 30 Liter auf dem Kopf.
Das Gewicht geht eigentlich gut, das Problem ist nur das Ausbalancieren des Eimers.


Die süßen Nachbarskinder Tina und Clecle, die uns täglich besucht haben und immer für Action sorgen.



Mittagessen kochen auf der Terasse vor dem Haus.


Unser leckeres Abschiedsessen am Sonntagmittag.















Zum Nachtisch gabs Ananas.
Ich wünsche jedem einmal den Geschmack solcher fruchtiger Ananas im Mund schmecken zu dürfen. So eine Geschmacksexplosion muss man einfach mal erlebt haben.

Ich habe das Wochenende im ruhigen und idyllischen Djekotoe sehr genossen und es war eine willkommene Abwechslung zum lauten und dreckigen Lomé. Außerdem sind Fanzi und Hannah super Gastgeber und wir hatten sehr viel Spaß und wollen das Wochenende bald wiederholen.
Wer mehr über die Mädels, ihr Leben auf dem Dorf und ihre Arbeit im Kindergarten erfahren möchte, darf gerne auf ihrem Blog vorbei schauen: http://projekt-togo.blogspot.com/


Montag, 20. Oktober 2014

Blutspende, Association des Femmes & Kirchenfest

In der vergangenen Woche hatte ich ein paar sehr aufregende Erlebnisse, von denen ich euch gerne berichten möchte.

Am Donnerstagvormittag wurde vom togolesischen Gesundheitsministerium ein Blutspenden in der Schule organisiert. Dazu haben sie einfach kurzerhand das Lehrerzimmer ausgeräumt und ein paar Liegen aufgestellt. Monsieur Gbadoe, mein betreuender Lehrer, hat von Anfang an versucht mich zum Blutspenden zu überreden. Anfangs war ich mir sehr unsicher, da ich vom Blutspenden erst an diesem Tag erfahren hatte und somit keine Zeit für lange gedankliche Auseinandersetzungen hatte. Ich hab dann angefangen alle möglichen Fragen zu stellen, ob das denn alles hygienisch ist und so. Lachend versicherte M. Gbadoe mir, dass selbstverständlich auch jeder eine eigene Nadel bekommt. Die Lehrer und die Mitarbeiter vom Gesundheitsministerium fanden meine Zögern sehr amüsant und fragten mich immer wieder ob ich Angst habe und lachten. Schließlich habe ich mich dann dazu entschlossen zu Spenden. In Deutschland habe ich auch schon Blut gespendet und finde das eine gute Sache. Hinzu kommt, dass ich die Blutgruppe 0 negativ habe, also jeder mein Blut nehmen kann, was meine Spende sozusagen umso wertvoller macht. Mit Bedauern habe ich bei meiner letzten Spende in Deutschland erfahren, dass ich nach meinen Freiwilligendienst in Togo nie wieder Blutspenden darf. Wer sich länger als 6 Monate im Malaria-Hochrisikogebiet aufhält, ist lebenslänglich von der Blutspende ausgeschlossen. Man kann es möglicherweise gar als ein Wink des Schicksals sehen, dass ich hier in Togo noch mal die Gelegenheit zum Blutspenden bekommen habe.
Nun hatte ich mich also zur Spende entschlossen, musste meine Daten angeben und wurde registriert. Danach hat mir ein Arzt ein paar Fragen gestellt, ähnliche wie vor einer Blutspende in Deutschland. Die lange Liste mit möglichen Erkrankungen wie in Deutschland, bei der viele potentielle Spender ausscheiden (beispielsweise wegen einem frisch gestochenen Piercing) blieb mir aber erspart, hier scheint man nicht so pingelig zu sein. Wichtig war nur, dass ich nicht an AIDS oder Hepatitis B erkrankt bin, was ich glücklicherweise verneinen konnte.
Als ich dann auf der Liege lang und der behandelnde Arzt meinen Arm desinfiziert hat, war ich schon etwas nervös. Er hat meine Vene aber wirklich sauber getroffen und es tat auch kaum weh, sodass ich in kürzester Zeit einen Beutel mit Blut gefüllt hatte.
Anschließende gabs zur Stärkung natürlich auch ein Vesper: trockenes Baguette mit Mayo und dazu eine gekühlte Fanta. Ein Kartoffelsalat mit ner Bretzel wär mir lieber gewesen, aber die gewünschte Wirkung wurde erzielt und mein Kreislauf war wieder in Schwung. Danach haben M. Gabdoe und ich noch pflichtbewusst 2 Stunden locker Unterricht gehalten. Den Nachmittag habe ich mich ausgeruht, und hatte keine Probleme mit dem Blutverlust und auch 3 Tage später bin ich noch putzmunter.
Den ganzen restlichen Tag über hatte ich ein beschwingtes fröhliches Gefühl, denn mit einer Blutspende kann man ganz einfach Leben retten und das hat mich glücklich gemacht. Und ob das Blut dann von einen Schwarzen oder Weißen kommt, ist den bedürftigen Kranken dann wohl herzlich egal. Denn unter der Haut sind wir alle gleich, egal welche Hautfarbe wir haben oder wo wir herkommen.

 Beim abendlichen Fernsehschauen hab ich meiner Gastfamilie dann ganz stolz vom Blutspenden erzählt, doch das traf bei ihnen leider auf weniger Begeisterung, denn sie sind alle gegen das Spenden. Denn hier läuft das so mit dem gespendeten Blut: Es wird an ein bestimmtes Krankenhaus in Lomé gebracht und wenn man krank ist und Blut braucht, muss man dort hingehen und sich das Blut kaufen. Ein Beutel kostet 7500 CFA, das entspricht ca. 11,50€. Kann man die 7500 CFA nicht auftreiben, was anscheinend öfters passiert, so „lassen sie einen einfach streben“ wie mein Gastvater formuliert hat. In wie weit diese Informationen richtig sind und was in einem solchen Fall das Gesundheitssystem ausrichten kann, kann ich leider nicht beurteilen. Aber trotzdem habe ich eine Meinung dazu: Wer dieses System des Blutspendens nicht gutheißt und nicht unterstützen möchte, hat den freien Wille es nicht zu tun. Wenn jedoch niemand mehr spendet, dann bekommen nicht einmal die, die es sich leisten können Spenderblut und damit ist dann niemand geholfen.
! Was lernen wir daraus? Bye bye Klischee „In Afrika gibt es nur mangelhaft ausgestattete Buschkrankenhäuser“.  Mir wurde bewiesen, dass das Gesundheitsministerium  sich organisiert um die medizinische Versorgung der Bevölkerung kümmert und auch über hygienische, moderne Geräte verfügt.




Am Freitagnachmittag nahmen meine Gastoma und meine Gastmutter mich mit auf eine Veranstaltung. Sie meinten das ist eine Association und ich konnte mir im Vorfeld überhaupt nichts wirkliches darunter vorstellen. Als wir ankamen war da ein großer Platz der ringsum bestuhlt war und auch schon einige Stühle von Frauen besetzt waren. Wir waren noch nicht lange da, als ich Trommeln, Rasseln und Gesang hörte und plötzlich eine große Gruppe von Frauen singend und tanzend auf dem Platz einzog. Als sie dann angekommen waren, haben sie sich aber nicht hingesetzt sondern noch mehrere Minuten weiter getanzt und gesungen und waren total von Feuereifer gepackt. Ich war total gefesselt von der guten Laune, die sie verbreitet haben und hab ihnen einfach nur mit einem Lächeln im Gesicht zugesehen und war heilfroh meine Kamera dabei zu haben, um die Eindrücke festhalten zu können. Ein wenig später zog eine weitere Gruppe Frauen ein, die sogar ihre eigene Trommelgruppe dabei hatte und auch noch mal für kräftig Stimmung sorgte. Die unterschiedlichen Gruppen waren verschiedene Associations, also Zusammenschlüsse, die sich an diesem Tag versammelten.

Im Nachhinein wurde mir dann von einigen netten Frauen erklärt, das das eine Versammlung der Frauen aus dem Stadtteil Tokoin (in dem ich wohne) und einem benachbarten Stadtteil ist. Anlass dieser Versammlung war ein Beschluss vom Entwicklungsministerium, mehr Gelder in die Entwicklung von Frauen zu stecken und ihnen beispielsweise Mikrokredite zu geben und ihre Rechte zu stärken. Auf dieser Versammlung wurden verschiedene Reden gehalten, Diskussionen geführt und über die Verwendung des für diesen Bezirk abgestellten Geldes beratschlagt. Sogar die togolesische Entwicklungsministerin war anwesend und hielt eine Rede. Leider wurde die komplette Versammlung auf Ewe gehalten, der Sprache der in dieser Region angesiedelten Ethnie, sodass ich eigentlich kein Wort verstand. Zum Glück haben eine paar nette Frauen mir am Ende noch einige Fragen auf Französisch beantwortet. Zum Abschluss wurde auch noch mal Musik gemacht und gesungen. Eine Frau bemerkte, dass ich am Rand stand und im Takt mit wippte und zog mich kurzerhand mitten in den Pulk der tanzenden Frauen. Da ich die einzige anwesende Weiße war zog ich natürlich gleich die Aufmerksamkeit der halben Gruppe auf mich und sofort fingen ein paar Frauen an, um mich herum zu tanzen. Sie haben mir die ganze Zeit zugelacht und sich total gefreut dass ich mit ihnen tanze. Mir persönlich war das aber eher unangenehm so im Mittelpunkt zu stehen, vor allem weil die Frauen sich alle viel besser zur Musik bewegen und mit dem Arsch wackeln können wie ich.
Trotzdem fand ich den Nachmittag total schön, weil ich einen richtigen Einblick in die Kultur und Lebensfreude der Frauen von Lomé bekommen habe.



Die togolesische Entwicklungsministerin Madame Victoire Tomégah-Dogbé.


Einige Frauen hatten auch ihre Kinder dabei, wie diesen süßen Knopf hier.



Am Sonntagmorgen bin ich tatsächlich bei Sonnenaufgang aufgestanden und um kurz nach 7 mit meiner Gastoma zur Kirche gelaufen. Es war nämlich ein ganz besonderer Feiertag: Commencer de l’anee pastorale, der Beginn der Kirchenjahres 2014-15. Um 8 Uhr begann dann der Gottesdienst mit dem Einzug der Pfarrer, Ministranten, einem Musikzug und vielen Vertretern kirchlicher Associations, die alle Plakate mit den Namen ihrer Gruppen trugen. Die Kirche war besetzt bis auf den letzten Platz und alle haben sich ziemlich schick gemacht. Ich konnte die verschiedensten Farben, Muster und Schnitte bestaunen und viele hatten auch Kleider aus Stoffen die mit Heiligenbilder oder biblischen Motiven bedruckt waren. Die Mitglieder der verschiedenen Gruppen hatten alle jeweils Kleider aus dem gleichen Stoff an, sodass man leicht erkennen konnte, wer zu welcher Gruppe gehört. Der Gottesdienst bestand aus mehreren langen Predigten, Gebeten und einigen Liedern. Er wird hauptsächlich auf Französisch abgehalten, aber einzelne Passagen sind auch auf Latein oder Ewe. Beim Singen sind die Menschen meistens voll dabei, stehen auf und tanzen, klatschen, singen aus voller Kehle mit und verbreiten gute Laune. Jeder Gottesdienst wird auch von einem Chor begleitet. Die Kirche gehört der katholischen Gemeinde an und das viele Stehen und lange Knien ist für mich eher befremdlich, da ich das vom evangelischen Gottesdienst nicht gewohnt bin, aber langsam gewöhne ich mich dran. Um 11 Uhr war der Gottesdienst dann zu Ende und auf dem Platz vor der Kirche wurde ein großes Fest gefeiert. Die Leute sammelten sich in ihren Associations. Der Musikzug spielte noch einmal und einige Gruppen begannen zu trommeln und getanzt wurde natürlich auch wieder. Nach einer Stunde zwischen Pauken, Trompeten und Bongos hab ich mich dann ein bisschen taub gefühlt. Aber das wurde schnell entschädigt, denn einige Frauen aus der Association meiner Gastoma packten plötzlich alle Töpfe aus mit den verschiedensten Speisen, die sie großzügig verteilten. Dazu wurde kräftig geschnäpselt und ihr Lieblingsgetränk getrunken; Rotwein mit Eiswürfeln.
Ich fand es sehr schön an diesem Fest teilnehmen zu dürfen, den ein Großteil der katholischen Gemeinde war versammelt und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Kirche und Glaube sind hier ein ganz zentraler Bestandteil des Lebens und werden viel offener ausgelebt wie in Deutschland.

Der Blogeintrag ist leider ein bisschen länger geworden, weil ich meinen Gedanken einfach mal freien Lauf gelassen hab und ich hoffe euch ist die Lust beim Lesen nicht vergangen.
Ich wünsche euch weiterhin schöne Herbsttage und schicke sonnige Grüße!


Sonntag, 5. Oktober 2014

Die erste Schulwoche und deutsches Feeling unter Palmen

Mein Start in den Schulalltag war wie erwartet etwas chaotisch. Am ersten Schultag war ich pünktlich um viertel vor 7 an der Schule, um dann erst mal eine Stunde planlos im Lehrerzimmer zu sitzen. Schließlich kam aber Sylvia, die Sekretärin – eine sehr nette und herzliche Frau – und hat mich einem Englischlehrer zugeteilt. Mit Monsieur Gbadoe übernehme ich jetzt vier Klassen. Wir unterrichten in drei sixièmes und in einer troisième. Wir unterrichten immer vier Stunden am Tag, jede Klasse einmal. An meiner Schule arbeitet jeder Lehrer vier Tage und hat einen freien Tag, meiner ist glücklicherweise der Freitag. Das passt perfekt zu meinen Wochenend-Trip-Reiseplänen.
Die jüngsten Schüler der sixième sind schätzungsweise zehn Jahre alt und gehen das erste Jahr aufs Collegé. Ihre Klassenkameraden sind teilweise schon 18 Jahre alt. Dieser große Altersunterschied innerhalb einer Klassenstufe kommt zum einen da her, dass viele der Älteren Wiederholer sind. Wenn man eine Klasse nicht packt, macht man sie eben noch mal, und zur Not auch fünfmal hintereinander. Außerdem haben einige Schüler nicht durchgängig zur Schule gehen können, weil sie ihre Eltern unterstützen mussten und gearbeitet haben.
Am Montag haben wir uns den Schülern nur vorgestellt, ein paar Infos gegeben und zwischendrin im Lehrerzimmer gechillt. Am Dienstag ging’s dann richtig los mit dem Unterricht. In der sixième beginnen die Schüler erst Englisch zu lernen, weshalb diese Woche Sätze wie  „Good Morning“,  „Hello, my name is…“ und  „How are you?“ auf dem Lehrplan standen. Aber auch (für Lehrer) nützliche Sätze wie „Sit down please“ und „Stop talking“ verstehen die Schüler bereits, da Monsieur Gbadoe eigentlich fast nur Englisch mit den Schülern redet.


Der Unterricht läuft in der Regel so ab: Der Lehrer schreibt die Vokabeln oder Sätze an die Tafel, die Schüler müssen es ihm dann im Chor nachsprechen und anschließend dürfen Freiwillige es alleine vor der Klasse vortragen. Im Anschluss müssen die Schüler es noch in ihre Hefte übertagen und schon geht’s weiter mit einem neuen Satz. Das Englisch der Lehrer und Schüler hat natürlich einen stark französisch-afrikanischen Dialekt und manchmal erkenne ich nur dank der Tafelanschriebe von welchem Wort hier gerade die Rede ist. Bis jetzt saß ich meistens nur im Unterricht drin, habe fleißig in mein Schönschreibheft mitgeschrieben und beobachtet, wie der Unterricht so abläuft. Manchmal helfe ich dem Lehrer aber auch bei den Anschrieben und durfte auch schon eine kleine Aufgabe mit den Schülern korrigieren.
In jeder Klasse sind ungefähr 100 Schüler. Das klingt erst mal nach richtig viel, aber ich finde es sieht weniger aus, obwohl das Klassenzimmer gestopft voll ist. Für so viele Schüler in einem Raum ist es auch relativ ruhig, alle 100 bekommt man nicht zur gleichen Zeit still. Dadurch dass die Türen und Fenster immer offen sind, kommt oft Lärm vom Pausenhof oder den anderen Klassen herein, was auch für unruhige Stimmung sorgt. Trotzdem arbeiten die Schüler immer gut mit und verhalten sich Monsieur Gbadoe und mir gegenüber sehr respektvoll und höflich, was wahrscheinlich an seiner taffen Art liegt.


Jetzt kennen auch ca. 400 Schüler meinen Namen und ich bin jedes Mal wieder überrascht, wenn ich auf dem Schulweg mit Name begrüßt oder verabschiedet werde. Bei so vielen Schülern ist es fast unmöglich sich jedes Gesicht zu merken, weshalb ich immer wieder denke „Wer bist du und warum kennst du meinen Namen?“ – bis mir dann einfällt, dass es wohl einer meiner Schüler ist. Aber auch der Lehrer kennt die meisten Namen nicht. Wenn er jemand aufruft, zeigt er einfach auf einen Schüler und sagt „You“. Da kommt es öfters mal vor, dass gleich zwei oder drei gleichzeitig aufspringen und losplappern.

Bis jetzt macht mir die Schule richtig viel Spaß. Ich freue mich schon darauf mich mehr in den Unterricht einbringen zu können und kann mir auch gut vorstellen in absehbarer Zeit selbst zu unterrichten.


Das Lehrerzimmer.


An einer schönen und leserlichen Schrift für die Tafel muss ich noch üben...



Nach einer so ereignisreichen Woche blieb auch das Wochenende nicht langweilig. Zum Tag der deutschen Einheit lud die deutsche Botschaft in Lomé am Freitagabend zu einem Empfang. Es kamen total viele Leute und auch einige Freiwillige. So viele Deutsche auf einem Haufen und so viel Deutsch zu hören war schon etwas ungewohnt. Im schönen Garten der Botschaft saß man dann unter Palmen, hat sich unterhalten, ausgetauscht, Kontakte zu anderen Freiwilligen geknüpft und das leckere Essen vom Büffet genossen. Es gab Kartoffelsalat, Nudelsalat, Schwarzbrot, Würstchen, Fleischkäse, Sauerkraut und Rotkraut und dazu natürlich Klöße. Zum Nachtisch gab es sogar Schokokuchen. Ein richtiges Festessen nachdem so lange Zeit schon Reis mein Hauptnahrungsmittel ist. Und es gab Freibier! So kam eine richtig heimelige Stimmung in „Klein Deutschland“ auf. Später wurde dann der Film „Zug in die Freiheit“ gezeigt, der die Ereignisse in der deutschen Botschaft in Prag im Herbst 1989 beschreibt und ziemlich packend war. Zu später Stunde bin ich noch gemeinsam mit anderen Freiwilligen in eine ziemlich coole Reggae-Bar gegangen, in der wir dann noch ein bisschen gefeiert haben.




Nun bin ich schon fünf Wochen in Lomé. Es kommt mir aber schon wie mehrere Monate vor, was wahrscheinlich daran liegt, dass einfach alles anders ist und man so viele neue Sachen erlebt. Ich muss sagen, dass ich mittlerweile gut eingelebt habe. Ich hab mich an den Lärm und den Dreck gewöhnt, das Gedränge auf dem Markt und auch bein Moto (Motorrad-Taxi) fahren habe ich keine Todesangst mehr, sondern vertraue einfach darauf, dass der Fahrer mich in dem dichten Verkehr sicher ans Ziel bringt – was bis jetzt auch immer der Fall war! Mit meiner Gastfamilie komme ich gut zurecht und ein paar Freunde habe ich auch schon gefunden.


An dieser Stelle möchte ich mich auch mal bei meinen fleißigen Bloglesern bedanken. Ich hätte nie damit gerechnet so viele Seitenaufrufe zu bekommen und freue mich immer, wenn mir Leute schreiben wie spannend und toll sie meinen Blog finden. Danke!